Grundschulen im Stadtgebiet Uelzen – Schulentwicklungsplanung

22. Aug 2021

Die Sichtweise von Hans-Jürgen Heuer

Die CDU-Fraktion im Stadtrat Uelzen hat Karl-Heinz Günther und Hans-Jürgen Heuer den Auftrag erteilt, in der Arbeitsgruppe (AG) bzw. in der Kommission zur „Schulentwicklungsplanung der Stadt Uelzen 2021/22“ mitzuwirken. Erstmalig tagte die Kommission am 18.05.2021.

Die Einrichtung einer solchen Kommission wurde am 22.03.2021 mit dem Mehrheitsbeschluss im Rat der Hansestadt Uelzen zum „9-Punkte-Positionspapier zur Grundschuldiskussion“ beschlossen. Vor der Beschlussfassung wurde sehr hitzig und kontrovers unter den politischen Stadtratsvertretern über den Erhalt des erweiterten Schulbezirkes der Grundschule in Veerßen diskutiert.

Erweiterte Grundschulbezirke

Erweiterte Grundschulbezirke wurden für die Grundschulen Veerßen und Molzen erstmalig im Jahre 2015 festgelegt. Die erweiterten Grundschulbezirke bilden eine Sonderform zu den übrigen fest abgegrenzten Grundschulbezirken in der Hansestadt Uelzen. Sie sollen allen Eltern ein Wahlrecht ermöglichen, die in einem der erweiterten Grundschulbezirke wohnen oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eltern können somit entscheiden, ob sie ihr Kind an einer Grundschule im Stammgebiet oder an einer der beiden Grundschulen im erweiterten Grundschulbezirk einschulen lassen wollen.

Dem erweiterten Grundschulbezirk in Veerßen wurden die Grundschulbezirke Holdenstedt, Veerßen und teilweise die Bezirke der Hermann-Löns-Schule, Lucas-Backmeister-Schule und Sternschule zugeordnet. Der erweiterte Grundschulbezirk in Molzen besteht aus den Grundschulbezirken in Westerweyhe, Oldenstadt, Molzen und teilweise aus den Bezirken der Hermann-Löns-Schule, Lucas-Backmeister-Schule und Sternschule.

Rückblick auf die Diskussion zur Schulentwicklungsplanung – 2014/2015

In zahlreichen Arbeitsgruppensitzungen wurde regelrecht darum gerungen, ob es nicht sinnvoll wäre, die kleinen Grundschulen in den Ortsteilen zu schließen und welche Form der Beschulung das bisherige Halbtagsangebot ersetzen solle.

Die Vertreter der SPD, der jetzige Bürgermeister und einige politische Splittergruppen im Rat der Hansestadt Uelzen waren der Auffassung, die kleinen Grundschulen in den Ortsteilen, wie in Molzen, Veerßen, Holdenstedt oder auch in Westerweyhe sollten geschlossen werden. Denn nach deren Auffassung kann eine optimale Beschulung nur an einer Mammuteinrichtung mit bis zu 1.000 Grundschülern erfolgen.

Glücklicherweise hat sich der Rat seinerzeit mit knapper Mehrheit aus Vertretern der CDU und den Grünen gegen eine Auflösung der kleinen Grundschulen entschieden. Gleichzeitig beschloss der Rat, es sind die erforderlichen Haushaltsmittel bereitzustellen, damit die Grundschulen Oldenstadt, Hermann-Löns-Schule, Lucas-Backmeister-Schule, Sternschule Westerweyhe und Holdenstedt zu Ganztagsgrundschulen ausgebaut werden können.

Den Grundschulen in Molzen und Veerßen wurde ein solches Recht der Ganztagsbeschulung nicht zugestanden. Diesen Schulen wurde ein Sonderrecht mit der Schaffung von erweiterten Schulbezirken zugebilligt. Indirekt, so war und ist mein Eindruck, haben einige politische Vertreter gehofft, durch das Fehlen eines Ganztagsschulangebots wird sich die Anzahl der Einschulungen an diesen Schulen so stark reduzieren, dass ein pädagogischer Betrieb auf Dauer nicht mehr vertretbar sein wird. Festgemacht wurde es an der Zahl 13. Der diesbezüglich vom Rat beschlossene Beschluss lautete, unterschreitet eine Grundschule in zwei Jahren hintereinander die Zahl von 13 Einschulungen, so ist die Grundschule automatisch zu schließen. Es muss kein erneuter Beschluss gefasst werden.

Mit diesem Beschluss war das Überleben der Grundschulen in Molzen und Veerßen zunächst gesichert. Um jedoch langfristig die Schulstandorte zu sichern, mussten von den Eltern und den Lehrern unter Einbindung des persönlichen Umfeldes an den Grundschulen pädagogische Konzepte mit hoher Strahlkraft erarbeitet werden. In einem zweiten Schritt musste das Konzept und eine gegenseitige Wertschätzung an den Schulen gelebt werden. Das Interesse bei den Eltern im jeweilig erweitertem Schulbezirk wurde im besonderen Maße geweckt. Denn nur so lässt es sich erklären, dass trotz eines nicht vorhandenen Ganztagsschulangebotes an den beiden Schulen, die Eltern aus den jeweilig erweiterten Grundschulbezirken die beiden Schulen vermehrt anwählen.

Aufhebung des erweiterten Schulbezirkes für Veerßen

Im März 2021 hat der Rat mehrheitlich beschlossen, den erweiterten Schulbezirk für Veerßen aufzuheben, wenn für die GS Veerßen bis zum 31.07. des Einschulungsjahres eine Schülerzahl von 23 überschritten wird. Für das Schuljahr 2021/2022 ist ein solcher Fall noch nicht eingetreten.

Wie konnte es dazu kommen?

Vor dem Hintergrund einer deutlich ansteigenden Schülerzahl prognostizierte der Schulträger, also die Hansestadt Uelzen, es könne gerade an der GS in Veerßen nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Schuljahr 2021/22 aufgrund der einzuschulenden Schüler eine Klassenteilung vorzunehmen ist. Für einen solchen Fall müsse sich der Schulträger darauf vorbereiten, weitere Klassenräume an das vorhandene Schulgebäude anzubauen oder auf Basis von Containern zusätzliche Klassenräume auf dem Schulgelände vorzuhalten. Die Kosten einer solchen Lösung sind nicht unerheblich. Der Sachverhalt wurde im Schulausschuss berichtet und löste eine heftige kontroverse Diskussion unter den politischen Vertretern im Stadtrat aus.

Die Entrüstung unter den politischen Vertretern im Stadtrat ist nachvollziehbar, zumal es für die Grundschulen in der Innenstadt bei der Schülerbewegung eine gegenläufige Entwicklung gibt. Hiervon sind vorrangig die Lucas-Backmeister-Schule und die Hermann-Löns-Schule betroffen. In der Folge stehen an diesen Schulen die Klassenräume leer. Im Sinne eines pflichtbewussten Umgangs mit öffentlichen Mitteln ist es keine sinnvolle und vertretbare Lösung, einfach nur einen Anbau oder das Aufstellen von Containern zu präferieren.

Zugleich stelle ich fest, aus meiner Sicht ist es völlig inakzeptabel, die Eltern, Lehrer und das schulische Umfeld dafür zu bestrafen, dass sie ein erfolgreiches, ausgewogenes und tragfähiges Schulkonzept erarbeitet haben und es in diesem Sinne auch umsetzen.

Schulentwicklungsplanung der Stadt Uelzen – 2021/2022

Der Auftrag für die eingesetzte Kommission ergibt sich auf Grundlage des vom Rat im März 2021 beschlossenen „9-Punkte-Positionspapier zur Grundschuldiskussion“. So soll die Kommission die verschiedenen Ansätze der aktuellen Grundschuldiskussion aufgreifen und einer konsensfähigen Lösung zuführen. Im Besonderen wird darauf verwiesen, gemäß Punkt 5 sind alle Schulbezirke bis zum 30.06.2022 zu überprüfen und ggf. neu zuzuschneiden. Dabei sind soziale Aspekte zu berücksichtigen, um eine möglichst ausgewogene Schülerschaft in allen Schulen zu gewährleisten.

Auch wurde in diesem Positionspapier festgehalten, dass insbesondere die Innenstadt-Grundschulen (LBS, HLS und STS) einer besonderen Betrachtung unterzogen werden sollen. Für die LBS wurde hervorgehoben, dass Schulprofil bedarf einer Evaluation. Auch ist bekannt, dass es viele ungelöste Probleme gerade an dieser Schule gibt, die eine projektbezogene Begleitung erfordern. So wird in dem Positionspapier ein Turn-Around-Projekt für die LBS angeregt.

Aus Sicht des Betrachters hätte eine solche Maßnahme bereits vor fünf Jahren angeschoben werden müssen, denn die Probleme sind nicht neu und waren auch schon bereits 2014 bekannt. Also liegt hier ein Versäumnis der Verwaltung und des jetzigen Bürgermeisters vor, der zu dem Zeitpunkt noch Schuldezernent war.

Nichtsdestotrotz müssen wir jetzt im Jahre 2021 nach vorn blicken und uns an Beispielen anderer erfolgreicher Grundschulen orientieren. So ist die Ganztagsschule Fährstraße in Hamburg-Wilhelmsburg ein sehr gutes Beispiel, um erfolgreich eine Trendwende herbeizuführen. Dazu war es erforderlich, dass die Ganztagsschule umgebaut wurde, damit nach den Prinzipien der Waldorfpädagogik ein Unterrichten möglich wurde. Heute gehören die Schülerinnen und Schüler der Ganztagsschule Fährstraße nicht mehr zu den sozial, ökonomisch und kulturell benachteiligten Schülern Hamburgs.

Vergleichbare Beispiele gibt es in Berlin oder in Wolfsburg. Auch gibt es zahlreiche wissenschaftliche Studien, um einen ganzheitlichen Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler zu ermöglich. Dabei müssen sich die Didaktik und Pädagogik an den Lern- und Entwicklungsbedürfnissen der Kinder und Jugendlichen ausrichten und nicht umgekehrt.

Kennzeichnend für den Hamburger-Schulversuch sind folgende Elemente «Das Beste aus zwei Welten1)»

  • Epochenunterricht und -hefte
  • Eigene Stundentafel mit den Fächern Handarbeit und Werken (HuW) sowie Formenzeichnen
  • Methoden und Materialien unterschiedlicher didaktischer Strömungen
  • Handlungsorientiertes, ganzheitliches, gemeinsames Lernen mit allen Sinnen
  • Schule als Lebensraum

Nur ein Beispiel – vielleicht jedoch ein sinnvoller Ansatz für eine erfolgreiche Trendwende.

In dem Positionspapier wird auch aufgeführt, die Innenstadt-Schulen (LBS, HLS und STS) sollen vorrangig für die nächsten fünf Jahre bei den zukünftigen Investitionen bedient werden. Damit soll ein gutes und förderndes Lernklima geschaffen werden. Dies gilt insbesondere für den Ausbau der Digitalisierung.

Ein solcher Beschluss ist aus meiner Sicht völlig inakzeptabel. Wir wollen, dass unsere Kinder die beste Ausstattung an den Einrichtungen zum Lernen erhalten. Dann kann es nicht sein, dass wir nur für drei Schulen die Mittel für Investitionen deutlich erhöhen und an den anderen fünf Schulen zu deren Lasten die Mittel einkürzen. So stelle ich mir keine gute Schulpolitik vor. Vielmehr stelle ich mir vor, wenn zusätzliche Mittel für besondere Schulmodelle benötigt werden, dass die erforderlichen Mittel draufgesattelt werden.

In dem Positionspapier wird ausdrücklich hervorgehoben, „der Schulraum der Uelzener Grundschulen ist für die aktuellen Schülerzahlen ausreichend und wird nicht erweitert.“ Sollte es zu Engpässen an einzelnen Grundschulstandorten kommen, sind gemeinsam die erforderlichen Steuerungsmaßnahmen zu treffen (Neuzuschnitt von Schulbezirken), um einen geordneten Schulbetrieb zu ermöglichen.

Mitglieder in der Kommission

Die Kommission setzt sich aus 7 Vertretern der Politik, dem Stadtelternratsvertreter, vier Vertretern der vorrangig betroffenen Grundschulen, einer Vertreterin der Landesschulbehörde und der Fachbehörde Schule der Hansestadt Uelzen zusammen. Moderiert wird die Kommission über die externe Firma – „Sichtweise“, von Herrn Stefan Niemann aus Verden.

Quellenangabe:
1) Pädagogik, Serie: Eine öffentliche Schule erprobt Elemente der Waldorfpädagogik – Das Beste aus zwei Welten von Jochen Grob, 71. Jahrgang, Heft 11, November 2019